Interview mit Frau Klein

Freude an der Entwicklung
Ein Gespräch mit Kindergartenleiterin Karin Klein … ggggg

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Freude an der Entwicklung
Ein Gespräch mit Kindergartenleiterin Karin Klein

Karin Klein arbeitet seit 1971 als Erzieherin und übernahm zum 1. April 1975 die Leitung unseres Kindergartens in der Reichsstraße. Im Sommer 2013 beginnt für sie der Ruhestand. Grund genug, mit ihr ein Interview zur Kindergartenarbeit zu führen. Wer Karin Klein kennt, weiß, dass sie sich nicht lange mit Rückblicken aufhält. Wichtig sind ihr Gegenwart und Zukunft der Kindergartenpädagogik.

? Frau Klein, welche drei Ereignisse fallen Ihnen ein, wenn Sie an über 37 Jahre als Leiterin unseres Kindergartens denken?

! Als wichtige Ereignisse fallen mir drei Dinge ein:
Der Pfarrerwechsel vor gut 20 Jahren hier in Eiringhausen. Dies bedeutete damals den Wechsel von einer eher konservativen Arbeitsform hin zur Ermöglichung einer kreativen Fortentwicklung der Kindergartenarbeit für alle Beteiligten.
Das nächste wichtige Ereignis war dann für uns die Zertifizierung zum Familienzentrum im Jahr 2007. Gesellschaftliche Veränderungen führten auch zu Veränderungen der Lebenswelt der Kinder. Darauf musste ganz einfach reagiert werden. Hinzu kam das hohe Maß der Berufstätigkeit beider Elternteile. Die Zertifizierung bedeutete, dass Kinder auch entsprechend ihres Alters und ihrer Individualität gefördert werden konnten.
Ein ganz einschneidendes Erlebnis war für mich die Schaffung der U3-Betreuung (zur Erläuterung: Betreuung der unter dreijährigen Kinder). Wir kannten das alle aus Zeiten der DDR. Und es wurde in dieser Zeit pädagogisch und gesellschaftlich total abgelehnt, dass so junge Kinder im Alter von einem Jahr und jünger in die Einrichtung gegeben werden. Das war hier für uns gar nicht vorstellbar. Bis dann eben durch die Schaffung der Familienzentren die Zeit reif war, dass dieses geschehen musste. Es war eine sehr große Umstellung für alle Erzieherinnen hier. Wir mussten das ganze erst einmal für uns klar bekommen. Wir mussten natürlich auch Fortbildungen belegen, denn unsere Ausbildung begann mit dem dreijährigen Kind und nicht von drei Monaten an. Dies war nötig, um die Bedürfnisse dieser Altersgruppe aufzunehmen und abzuklären, um ihnen auch qualitativ das zu bieten, was sie benötigen.

? Wir blicken fünf Jahre voraus. In welche Richtung wird sich Kindergarten verändern?

! Der Kindergarten hat sich schon stark verändert durch die Schaffung der Familienzentren. Denn hier bekommen Eltern sowie auch Kinder all das geboten, was sie in dieser Zeit benötigen: eine qualitativ hochwertige Förderung der Kinder, sowie Beratung und Unterstützung der Eltern in Erziehungsfragen und bei Problemen.

? Was muss sich Ihrer Meinung nach verändern?

! Inklusion ist zurzeit ein großes Thema. In diese Richtung muss sich der Kindergarten weiter öffnen. Auch gesellschaftlich gesehen muss deutlicher werden, dass diese Menschen (gemeint sind Menschen mit Handicaps) zu uns gehören und nicht einfach in sonderpädagogischen Einrichtungen gefördert und beschult werden. Dazu müssen sich natürlich noch viele Rahmenbedingungen verändern, damit Inklusion überhaupt machbar und schaffbar ist. Denn wir verfügen zurzeit weder über genügend ausgebildete Fachkräfte noch über die erforderlichen finanziellen Ressourcen. Inklusion wird das große Thema werden. Wir haben zwar schon seit langer Zeit Kinder mit einem gewissen Grad an Behinderungen in unserem Kindergarten. Dabei wurde aber genau geguckt, was in einer Regeleinrichtung leistbar ist. Habe ich demnächst mehrfach schwerstbehinderte Kinder, stellt sich die Frage: Wer kann sie aufnehmen? Sind die baulichen Voraussetzungen gegeben? Das alles spielt eine große Rolle.

? Das heißt aber auch, sie haben langjährige Erfahrung mit einer gewissen Form von Inklusion, durch die integrative Arbeit mit Kindern, die von Behinderung bedroht sind, bzw. ein gewisses Maß an Behinderung mitbringen?

! Ja, wir arbeiten bestimmt seit 20 Jahren mit Kindern, die integrativ betreut und gefördert werden müssen. Sie gehören dazu. Sie werden von den Kindern akzeptiert. Die Kinder lernen damit umzugehen. Das ist für unsere Kinder einfach ein großer Erfahrungswert, um zu akzeptieren und zu lernen, Menschen sind vielfältig, Menschen sind anders. Aber jeder verdient den Respekt des andern. Und das kann man genauso ausweiten auf Kinder mit Migrationshintergrund und deren Eltern.

? Was hat Sie in all den Jahren in Ihrer Arbeit in der Begegnung mit Menschen am meisten überrascht oder erfreut?

! Am meisten ist man erfreut, wenn man beginnende Entwicklung sieht. Dabei meine ich Entwicklung in ganz verschiedenen Bildungsbereichen, wie Motorik und Sprache oder der Bereich soziales Verhalten. Mich erfreut besonders, wenn ich merke, dass Kinder ansprechbar werden, anfangen mit Freude mitzuarbeiten, mitzulernen und mitzumachen. Dann macht es Freude tagtäglich ihre Entwicklungsschritte zu beobachten. Das hat mir eigentlich immer in der Arbeit am meisten Freude gemacht. Der Vertrauensaufbau zu den Eltern, dass eine gute Zusammenarbeit möglich ist. Dazu gehört auch ein insgesamt anerkennendes, respektvolles Umgehen miteinander ob mit dem Träger oder den Eltern, das gehört zu den schönen Seiten der Arbeit.
Zugleich ging es immer auch um Weiterentwicklung. Es hat mir immer viel Freude gemacht, Fortbildungen zu besuchen und mich in vielen Fachbereichen permanent fortzubilden, um das notwendige Wissen zu erhalten, dass heutzutage benötigt wird.

? Die Länge Ihrer Zeit hier im Kindergarten bringt es mit sich, dass Sie nicht nur eine Generation von Kindern hier erlebt haben. Erinnern Sie sich noch wie das war als die ersten Kindergartenkinder, die sie hier betreut haben ihre eigenen Kinder in die Einrichtung brachten? Wie war das für Sie?

! Man ist erst einmal erstaunt wie viel Zeit vergangen ist. In der alltäglichen Arbeit vergeht die Zeit so rasend schnell, dass einem das gar nicht immer bewusst ist. Und dann hat es mich stolz und glücklich gemacht, dass diese früheren Kindergartenkinder heute ihre Kinder auch zu uns bringen. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass sie sich hier wohlgefühlt haben und dass man gut miteinander zurechtgekommen ist.

Herzlichen Dank für das Gespräch.